Vom Newsroom in die Slums

Maria Schaunitzer, Redakteurin bei der Kleinen Zeitung, nahm sich eine Auszeit um durch ein Social Sabbatical bei unser lokalen Organisation (Sonne Social Organisation) in Yangon mitzuarbeiten.

Vom Newsroom der Kleinen Zeitung in Graz, direkt zu unseren Projekten nach Myanmar. Kleine Zeitung-Redakteurin Maria Schaunitzer arbeite acht Wochen lang als Volontärin bei unserer Partnerorganisation SSO vor Ort mit. Ihre Erfahrungen und Eindrücke.
Eine Auszeit sollte es sein, die aber gleichzeitig etwas einbringt. Und damit ist keinesfalls Geld gemeint. Auf der Habenseite sollten neue Erfahrungen, Eindrücke und ein Perspektivenwechsel stehen. Dafür müsse man schon etwas investieren, vor allem zeitlich. Zwei Monate lang tauschte ich somit den Newsroom der Kleinen Zeitung gegen die Straßen von Yangon und machte ein sogenanntes Social Sabbatical.

Eines war dabei für mich klar: Mein Aufenthalt sollte für beide Seiten ein Gewinn sein. Deswegen wurde bereits im Vorfeld besprochen, welche Aufgaben ich vor Ort übernehmen solle. Und was können Journalisten besser, als Dinge zu dokumentieren. So durfte ich alle Projekte von SONNE mehrmals besuchen. Ein Blick hinter die Kulissen einer Gesellschaft, die trotz der Öffnung des Landes und der damit verbundenen Aufbruchstimmung, noch immer von Armut geprägt ist, wurde mir damit eröffnet. In einem Blog und in Zeitungsartikeln konnte ich diese Erfahrungen teilen. Durch Mitarbeit bei der Erstellung von Konzepten durfte ich meine eigenen Ideen einbringen und vor allem durch die Begegnungen mit den Menschen und Kindern in diesem Land wurde ich reich beschenkt.

Weit weg von Prunk, Kolonialbauten und den touristischen Trampelpfaden waren die Orte,die ich mit SONNE besucht habe. Oft waren es eher Hütten und Bretterverschläge, Slums oder einfache Dörfer. Die Day Care Centers in den ärmsten Vierteln von Yangon waren dabei ein einprägsames Erlebnis. Hier erhalten auch Kinder eine Schulbildung, die von öffentlichen Schulen ausgeschlossen sind. Weil sie arbeiten müssen, den Eltern helfen, auf die jüngeren Geschwister aufpassen müssen, keine Geburtsurkunde besitzen und dadurch keine Schule besuchen dürfen. Flexibel wird hier auf den Wissenstand der Kinder und ihre Lebensbedingungen eingegangen. Und zwei Mahlzeiten pro Tag und eine Dusche gibt es obendrauf. Alles Dinge die selbstverständlich erscheinen, aber für Kinder und Eltern aus den Armenvierteln unbezahlbar sind. Ebenso wie die Gesundheitscamps. Alleine die Begegnung mit Kyi Pyar verdeutlicht das. Dem 15-jährige Mädchen konnte durch eine Notfalloperation ein normales Überleben ermöglicht werden.

Das Engagement der Mitarbeitern von SONNE bewaffnet hier Kinder bestmöglich für den oft harten Überlebenskampf. Ein Kampf für die eigene Zukunft. Und dafür nehmen die Kinder mit Hilfe von SONNE oft Vieles auf sich. Bei der Begegnung mit den Patenkindern, die ich für Porträts auch zu Hause besuchen durfte, wurde mir das sehr bewusst. Hier kämpfen die Kinder darum in die Schule gehen zu können. Bei uns wohl undenkbar.

Ganz besonders blieb mir in den acht Wochen ein Besuch im Kindergefängnis im Gedächtnis. Ein Ort, an dem man keine Kinder sehen möchte. Bettelnde, oder auf der Straße lebende Kinder werden von der Polizei hierher gebracht. Als einzige NGO überhaupt darf SONNE-International den Kindern in Polizeigewahrsam helfen. Sozialarbeiter organisieren die Rückführungen in die Familien. In einem Drittel der Fälle gelingt das auch. Die Gesichter, dieser Kinder werden wohl für immer in meinem Kopf bleiben. Hoffentlich auch als Mahnmal für Dankbarkeit. Mehr dazu findet man auch in meinem Blog.


Und doch sind es großteils andere Eindrücke, die dieser Reise ein Gesicht geben. Immer wurde ich mit offenen Armen und offenem Herzen empfangen. Und meistens durfte ich dabei in zufriedene Gesichter blicken. In Gesichter, die von der harten Arbeit gezeichnet waren, doch stets ein Lächeln auf den Lippen hatten. In Gesichter, die voller Neugier dem Fremden begegneten. In Gesichter, die voller Respekt für das Gegenüber und voller Hoffnung waren. Und in strahlende und von Herzen lachende Kindergesichter.
Ich durfte während meiner Auszeit vielen reichen Menschen begegnen, die arm an Wohlstand sind. Und denen von SONNE und deren Mitarbeitern Hoffnung oder gar eine Perspektive geben wurde. So komme ich mit einem mehr als ausgeglichenen Konto zurück.