Eine Reise durch Extreme – von Armut, Lärm und wundervollen Begegnungen der Hoffnung

Mit Freude ergriff Lisa Romaner die Chance, bei dieser einmaligen Reise dabei zu sein. Die zwei Wochen waren besonders emotional eine Herausforderung.

Die illustre SONNE-Reisegruppe unterwegs in Bangladesch

Als ich im Dezember 2022 zugesagt hatte, bei der Patenelternreise nach Bangladesch dabei zu sein, wusste ich, dass mich eine sehr authentische Reise mit vielen Blicken hinter die Kulissen der SONNE-Projekte erwarten würde. Trotz emotionaler Vorbereitung ist es jedoch schwer in Worte zu fassen, was wir als Gruppe tatsächlich erlebt haben. So viel vorweg: Der Unterschied, den unsere SONNE hier macht, ist gewaltig – denn wir haben im Gegensatz zu den laufenden Projekten auf unserer Reise auch Orte besucht, die keine Unterstützung erhalten – und der Kontrast ist spürbar. Die Spenden werden mit Bedacht und sehr persönlich verwaltet, um besonders der nächsten Generation eine echte Chance auf Selbstbestimmtheit zu geben.

Vom Spenden-Ball zu einem echten Schülerheim

Als ich mich im Jahr 2019 dafür eingesetzt habe, die Spenden des Immobilienballs für uns zu gewinnen, war das schon damals eine große Sache. Aber auch als wir im Frühjahr 2020 am Ballabend den Scheck über 70.000 Euro entgegengenommen haben, war ich zwar überwältigt, einen so signifikanten Beitrag im SONNE-Universum leisten zu können, jedoch hatte ich keine Gesichter und kein Gefühl dazu, dass das beschreiben könnte, was ich jetzt weiß.

Die Errichtung des Schülerinnenheims in Jhenaigati im Bezirk Sherpur ist nun (im Jahr 2023) zum Teil abgeschlossen – immer noch fehlt der oberste Stock, um weitere Mädchen beherbergen zu können, es werden aber schon seit einiger Zeit Schülerinnen untergebracht. In dieser abgelegenen Region betreibt SONNE Dorfschulen, welche erstmalig Zugang zu einer weiterführenden öffentlichen Mittelschule ermöglichen. Denn viele Kinder könnten sonst aufgrund der Abgelegenheit ihrer Dörfer keine Schule besuchen. Mit diesem Schülerheim, dass immer noch auf seine Fertigstellung mit weiteren Spenden wartet, bekommen auch sie eine Chance, durch Bildung der Armutsspirale zu entkommen.

Rückblick – Lisa und Erfried bei der Preisverleihung am Immo-Ball

Eine Einladung zum Erleben – mit Realitätsabgleich

Als die Reise begann, war ich sehr aufgeregt, endlich selbst sehen zu können, was unsere Projektarbeit von vor 3 Jahren und die Arbeit der SONNE generell hier bewegen. Zusätzlich war diese Reise eine schöne Möglichkeit, authentisch in die Kultur einzutauchen.

In einem Land, das nicht einmal doppelt so groß ist wie Österreich, in dem aber 170 Millionen Menschen leben, ist das Gewusel allgegenwärtig und auch gefühlt jeder auf sich gestellt. Wenn man in Dhaka landet, ist man erst einmal überwältigt von all den Unterschieden, den Menschenmassen und dem Staub. Ein Großteil der Menschen lebt mit einem Tageseinkommen von rund einem Euro. Wie so oft in Länder mit geringerem Lebensstandard hatte ich das Gefühl, eine größere Zufriedenheit und Akzeptanz zu spüren. Vor allem die Kinder sind fröhlich, herzlich und neugierig auf die Welt und das Leben. Das ist ein Gefühl, dass ich bei den Menschen in Österreich und Europa teilweise sehr vermisse – die Besinnung auf das Wesentliche und Dankbarkeit für die kleinen Dinge des Lebens.

Ein erster Eindruck aus Dhaka

„Da wir teilweise weite Strecken zurücklegten, kam zur emotionalen auch die körperliche Challenge. Diese hat es uns aber auf eine einzigartige Art und Weise ermöglicht, dieses faszinierende und zugleich vom Tourismus absolut unberührte Land mit allen Sinnen zu erleben. Lisa Romaner über ihre Patinnenreise.

Bangladesch ist ein außerordentlich untouristisches Land – wir haben während unserer zweiwöchigen Reise keinen einzigen anderen Touristen gesehen, geschweige denn getroffen. Besonders als große, weiße Frau fällt man auf, egal wie man sich kleidet. Und obwohl ich von Tag zu Tag immer mehr mit langen Buddha-Hosen und Tüchern verhüllt unterwegs war, waren die starrenden Blicke allgegenwärtig. Es fühlte sich an wie eine Mischung aus Neugierde und Skepsis. Ich war eine konstante Attraktion, musste an allen Orten unzählige Selfies machen und fühlte mich dabei mitunter häufig unwohl. Bangladesch würde ich als ein Land beschreiben, das zwischen indischer Kultur und muslimischer Tradition lebt.

Die Religion ist im täglichen Leben sehr präsent und bestimmt vor allem den Alltag der Frauen. Das beginnt bei der Kleidung, der Wahl des Partners, der Schulbildung und Berufswahl und endet mit dem täglichen Leben im Haus und auf der Straße. Sie fahren nicht Auto oder Tuktuk, sie sind, außer zum Einkaufen, kaum allein unterwegs und haben meist schon in sehr jungen Jahren einige Kinder. Nach Anbruch der Dunkelheit ist kaum eine Frau, und wenn, dann nur in Vollverschleierung zu sehen. Ich war beim Besuch eines Vieh-Marktes, gemeinsam mit den anderen von der Reisegruppe, die einzige Frau auf dem ganzen Gelände. Schnell beginnt man dort vorsichtig zu sein und seine Kleidung, sein Verhalten und seine Selbstverständlichkeiten zu überdenken. Für mich war es bestürzend zu sehen, wie sehr sich schon junge Mädchen verhüllen müssen und wie sehr sich ihre Tagesgestaltung von der der Männer unterscheidet.

Eine große, weiße Frau fällt immer auf

Der Verkehr ist kaum zu fassen – man muss es selbst erleben, um zu verstehen, welch Chaos und welche Rücksichtslosigkeit auf der Straße herrschen. Wir waren durch die Rundreise zu den verschiedensten Orten sehr viel mit dem Kleinbus unterwegs. Trotz unzähliger Bitten an unseren einheimischen Fahrer ließ sich dieser weder erweichen, vorsichtiger oder langsamer zu fahren noch weniger riskante Überholmanöver zu machen oder zumindest rechtzeitig langsamer zu werden, wenn ein vollbeladener LKW auf uns zuraste.