Was George Orwell mit Myanmar zu tun hat

Nach all den anstrengenden Stadttagen muss auch eine Volontärin ein bisschen Urlaub machen. Also hinein in den Nachtbus und auf an einen der schönen Strände Myanmars – Ngwe Saung Beach. Hier finden sich sowohl urlaubssüchtige Myanmari`s als auch Westerner`s ein gewünschtes Plätzchen. Und offensichtlich sehen die jeweiligen Vorstellungen von Urlaub gänzlich anders aus:

Der Preis für eine Nacht in einem der wunderschönen und geschmackvollen Hotels ist ab 100 $ aufwärts, und der „Mindestlohn“ pro Tag in Myanmar beträgt 3.800 Kyat (ca 3 Euro). Na ja, eh das gleiche wie an vielen Orten sonst auf dieser Welt. Natürlich gibt es auch etliche Reiche, die Anzahl der SUV`s in Yangon ist beträchtlich. Die Grundstückspreise steigen enorm, und Yangon ist mittlerweile teurer als Tokyo. Viele der „crownies“ (der Militärregierung nahe Stehende) haben beträchtliche Reichtümer angesammelt und vermehren diese weiter.

Vor dieser Reise wußte ich nicht, dass auch George Orwell in Burma war. Orwell, damals noch Eric Arthur Blair, war 19 Jahre alt, als er in Mandalay in den 1929er Jahren in die Polizeischule der britischen Regierung eintrat. Er blieb 5 Jahre lang an verschiedenen Orten in Burma und wurde Offizier der Imperial Police Force, bevor er nach England zurückging. Viele Jahre später schrieb er die „Animal Farm“, eine allegorische Geschichte über eine  Revolution, in der eine Gruppe von Schweinen die menschliche Leitung stürzt und die Farm übernimmt. Mit dem Vorhaben, diese frei von menschlichem tyrannischen Gehabe und gleichberechtigt zu leiten. Doch dies gelingt nicht, da mit der Zeit neue Hierarchien entstehen, Grausamkeit und Gier ruinieren die Farm. Animal Farm ist das einzige Buch Orwells, das in den 1950ern ins burmesische übersetzt wurde, bevor das Militär die Kontrolle übernahm. Danach war es verboten, ebenso wie „1984“, indem Orwell eine angsterregende und seelenlose Überwachungsgesellschaft beschreibt – viele Burmesen sagen, dies sei ein genaues Bild ihrer Gesellschaft unter dem Militärregime. In „Finding George Orwell in Burma“ von Emma Larkin beschreibt sie eindrücklich die Zeit in Myanmar um 2004 und davor.
Wie jedes Land unter einem diktatorischen Regime entwickeln die Menschen Überlebensstrategien. Eine der Myanmari`s scheinen Ironie und Sarkasmus zu sein:
Ein burmesischen Witz geht folgendermaßen: ein Mann fährt ins benachbarte Ausland um dort zum Zahnarzt zu gehen. Als dieser ihn fragt, ob es denn in Burma keine Zahnärzte gäbe, war seine Antwort: „Oh ja, die gibt es schon, aber bei uns macht ja keiner den Mund auf“.
Und ohne die burmesische Sprache zu beherrschen (nur wenige sprechen Englisch) bleiben einem nur viele Fragen – wie es jetzt mit der Redefreiheit aussieht, was an Universitäten gelehrt wird, wie mit den „Geschehnissen“ aus der Zeit unter der Militärdiktatur umgegangen wird. Hier am Strand seh ich eine fast explosionsartige lautstarke Lebenslust, die vielleicht mit all diesen Geschehnissen zusammenhängt.

Doch unsereins geht’s gern gemütlicher an. Ich hab als Transportmittel eine „trishaw“ (2 Personen können befördert werden, mit dem Fahrer ist man dann zu Dritt) gewählt. Die Breite des Sitzes ging sich gerade für mich aus. Als der dünne aber zähe Mann uns dann in Bewegung setzte habe ich mich schwer wie ein Elefant gefühlt und mit jedem Pedaltritt insgeheim sein Trinkgeld erhöht. In Zukunft geh ich doch lieber zu Fuss.
Und morgen geht’s wieder nach Yangon, die Arbeit ruft!!!
Tata und bis bald,

Helga